Trinkgeld: Was ist angemessen?

Immer wieder erreicht uns die Frage, wie viel Trinkgeld für Reiseleiter/innen, Fahrer/innen und andere Menschen, die unseren Gästen auf einer Reise zur Seite stehen, angemessen ist. Nach unserer Ansicht sollte sich ein Trinkgeld allein nach der Zufriedenheit mit der erbrachten Leistung richten. Dabei finden wir es angebracht, „europäische“ Vergleiche anzulegen und nicht etwa das Lohnniveau im Reiseland zum Maßstab zu nehmen. Warum wir so denken?

Am 16. Oktober hat die Zeitung „The Guardian“ einen Artikel über die relativen Kosten von Essen in verschiedenen Ländern publiziert. 

Eine Studie fand demnach heraus, dass Hungerkrisen oft nicht dadurch entstehen, dass keine Nahrung vorhanden ist, sondern, dass die Menschen nicht genügend Geld haben, um sich die Nahrung zu kaufen. Als Beispiel diente den Forschern ein einfaches Gericht mit Bohnen und Reis. Dieses Gericht wurde nun auf Basis der lokalen Preise ausgepreist und anschließend mit dem Durchschnittsgehalt in Relation gesetzt. So war es den Forschern möglich zu berechnen, wie viel Prozent des Einkommens für diese Standard-Mahlzeit aufgewendet werden muss. Die Ergebnisse der Studie sind höchst bemerkenswert:

Während nämlich ein solches einfache Reis-mit-Bohnen-Gericht in New York $ 1.20 und damit 0,60 % des täglichen Einkommens ausmacht, kostet es $ 8.27 in Guatemala, $27.77 in Nepal, und $72.65 in Haiti. Im Südsudan, dem Schlusslicht in dieser Studie, kostet die Mahlzeit relativ gesehen $ 321.70. Das entspricht 155% des täglichen Einkommens. 

Nun fragen Sie sich vielleicht, was dies mit unseren Trinkgeld-Empfehlungen zu tun hat. Wir erhielten vor kurzem ein Feedback von einer unserer Reisen mit der Frage, warum wir denn so ein hohes Trinkgeld empfehlen, wenn die Menschen vor Ort doch gar nicht so viel verdienen. Hier folgte der Vorwurf, dass mit dem Trinkgeld unsere Mitarbeiter vor Ort bezahlt werden würden. 

Unsere Meinung zur Bemessung von Trinkgeld

Wir sind der Meinung, dass volkswirtschaftliche Faktoren (wie etwa die Frage, wie hoch der Durchschnittslohn in einem Land liegt) für die Bemessung des Trinkgeldes unerheblich sind, zumal die Kosten für die Lebenshaltung in vielen weniger industrialisierten Ländern im Vergleich zum Einkommen deutlich höher als in den Industriestaaten sind, wie ja auch die oben zitierte Studie ganz deutlich zeigt. Wir halten es deswegen nicht für sinnvoll, etwaige Trinkgeldsätze in eine direkte Relation zum jeweiligen Lohnniveau des Landes zu stellen. Oft ist der normale Verdienst in einem Land zudem so niedrig, dass die Menschen mehrere Jobs annehmen müssen, um überhaupt überleben zu können.

Als Gradmesser der Zufriedenheit unserer Gäste sollte deswegen nach unserem Verständnis unser europäischer Maßstab gelten.

Sie brauchen jedoch keine Sorgen haben, dass unsere Mitarbeiter/innen vor Ort nicht ausreichend bezahlt werden. Wir zahlen in der Regel mehr als andere europäische Reiseveranstalter. Vor allem zahlen wir in vielen Fällen direkt an unsere Partner, sodass keine Marge bei einer Agentur hängenbleibt. Denn es ist uns ausgesprochen wichtig, dass unsere Mitarbeiter/innen in den Zielländern von ihrem Gehalt gut leben können. Zufriedene und zuverlässige Partner/innen sind für uns entscheidend!

Trinkgeld sollte immer auf Freiwilligkeit beruhen und seine Höhe sollte sich immer und allein an dem Grad der Zufriedenheit des Trinkgeldgebers bzw. der Trinkgeldgeberin orientieren. Wer wirklich zufrieden war, sollte so viel geben, wie er kann und wie er vor sich und dem/der anderen verantworten kann. 

Written by Jennifer Daxböck