Reise in den Sudan: Aktueller Reisebericht 2020 (Teil 2)

Sudan Reisebericht

Eine Reise in den Sudan, und das auch noch in Corona-Zeiten? Kann man das denn machen? Ist das sicher? Petra Hielscher hat im November und Dezember 2020 gemeinsam mit zwei weiteren Frauen an einer Wüstenexpedition von nomad teilgenommen. In ihrem aktuellen Reisebericht von ihrer Reise in den Sudan erzählt Sie von ihren Erfahrungen und nimmt uns mit auf eine Reise in eines der spannendsten Länder Afrikas. In diesem Artikel lesen Sie den zweiten Teil des Berichts von ihrer Reise in den Sudan. Den ersten Teil finden Sie hier.

Reise in den Sudan – Tag 6: Nubische Dörfer

Nach dem morgendlichen Spaziergang zum Tempel fahren wir weiter Richtung Norden.
Ganz in der Nähe ist das Dorf Soleb, in dem wir erstmal von zwei Jungen auf ihren Eseln begrüßt werden. Esel gehören hier als fester Bestandteil in das Alltagsleben als Last- und Reittier. Dann kommen von überall her Kinder angelaufen. Ich kann sie nicht mehr zählen. Wir „Weißen“ sind eben eine große Attraktion und haben ja evtl. auch was zu Verschenken.

Wir erfahren, dass hier wegen Corona die Schulen geschlossen sind. Ich habe Bunt- und Filzstifte aus Deutschland mitgebracht, die wollte ich ursprünglich einer Schule überreichen. Jetzt erscheint der Moment richtig, sie einzeln an die Kinder zu verschenken. Es ist schön zu erleben, wie sehr sich die Kinder freuen!

Reisebericht Sudan

Dann fahren wir aus dem Dorf raus Richtung Nil. Die beiden Jungs auf ihren Eseln reiten hinter uns her. In den Felsen oberhalb des Nils gibt es weitere Inschriften und Felsgravuren.

Der ägyptische Pharao Tutmosis III. ist hier abgebildet. Nebenan grasen bzw. knabbern friedlich vereint zwei Kamele und viele Schafe. Die sudanesischen Schafe sind manchmal nur schwer von den Ziegen zu unterscheiden, da sie anders als bei uns nicht so einen dicken Pelz tragen (dafür wäre es hier viel zu heiß!). Die Kinder haben eine große Gaudi, von einer Sanddüne herunterzurutschen. Sie klettern auf der rückwärtigen Seite den Felsen hoch und
rutschen dann die relativ hohe Sanddüne hinunter.

Bei der Ausgrabungsstätte Amara West machen wir Mittagspause. Der einzige Schatten weit und breit ist der des kleinen Museums. Dort baut unsere Crew den Mittagstisch auf. Ich finde es klasse, an welch unterschiedlichen und immer wieder neuen Orten wir Mittag essen! Die Asphaltstraße führt hier mitten durch Wüstengebiet, hier ist nichts los, ich fühle mich trotz der Straße fernab von der „Zivilisation“. Die ganze Situation mit unserem „mobile lunch“
mittendrin wirkt irgendwie irreal, wie in einem Film.

Dann fahren wir wieder „offroad“ in die Wüste. Die Fahrt ist recht abenteuerlich zwischen Felsen und weichem Sand. Ich finds toll! Hier heißt es Slalom fahren und tiefe Spurrillen vermeiden. Immer wieder schaltet Samir seinen Allradantrieb ein. Er ist ein sehr geschickter Fahrer. Wir haben inzwischen erfahren, dass Amir und Samir zu den besten Fahrern gehören. Normalerweise bleiben wohl auf den Wüstentouren regelmäßig Autos im Sand stecken.

Unser heutiger Campsite befindet sich hinter Dünen in der Nähe des Nils. Wieder mal wunderschön gelegen zwischen großen Granitfelsen und Sanddünen! Als ich auf eine
Erhebung steige, kann ich den Nil sehen. Aus der Ferne erklingt die blecherne Stimme des Muezzin – Aufruf zum Gebet.

Sudan Reisebericht

Reise in den Sudan – Tag 7: Am Nilkatarakt

Am nächsten Morgen fahren wir wieder zu einem nubischen Dorf. Es heißt Dal wie der in der Nähe befindliche Nilkatarakt. Vor einem Haus erhält Amir eine mobile Haarrasur, das ist klasse! Die von Brita mitgebrachten Ballons sind wieder eine große Gaudi für die Kinder. Wir begrüßen dabei auch eine ältere Frau und werden dann ins Haus gebeten. Hier erwartet uns große Gastfreundschaft! Wir werden durch ein Wohnhaus geführt, hier leben mehrere
Generationen „unter einem Dach“.

Faktisch ist es eine Wohnanlage, vom Innenhof gehen mehrere Räume ab. Wir sehen u.a. ein Wohn-/Schlafzimmer einer jungen Familie, deren Küche sowie das Schlafzimmer der Mutter. Wir bekommen süße Datteln. Diese gehören hier in den täglichen Speiseplan. Dann fahren wir weiter zu einem kleinen Laden. Der Ladenbesitzer ist ein stolzer Geschäftsmann. Er möchte gern einen Euroschein von mir fotografieren, das hat er wohl noch nicht gesehen. Von ihm werden wir auch zum Tee eingeladen. Die Offenheit und Gastfreundschaft der Menschen hier berührt mich sehr. Ich habe den Eindruck, wenn ich nur die Spitze meines kleines Fingers hebe, fragt sofort jemand nach meinen Wünschen oder bietet mir etwas an.

Reisebericht Sudan

Wir fahren weiter zum nördlichsten Punkt unserer Reise in den Sudan. Khalid erklärt, dass wir nur noch rund 60 km von der ägyptischen Grenze entfernt sind, wow! Wir kommen zu einem traumhaften
Platz in den Sanddünen direkt am Nil. Goldfarbene Dünen fallen sanft bis ans Wasser ab, welch ein wunderbarer Ort! Auch hier ist außer uns keine Menschenseele, wir dürfen die Ruhe und die fantastische Landschaft um uns herum alleine mit allen Sinnen genießen!

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Reise in den Sudan – Tag 8: Fähre über den Nil

Heute geht’s an östliche Nilufer! Damit liegt eine Fährfahrt vor uns – darauf freue ich mich! Zuvor machen wir Halt in einem quirligen Dorf in der Nähe der Fähranlegestelle. Man merkt, dass es hier deutlich mehr „Durchgangsverkehr“ gibt. Es gibt einige Läden und offene Marktstände. Viele Menschen, darunter etliche Kinder sind auf der Straße. Vor der „Bäckerei“ wartet bereits eine Schlange. Als das frisch gebackene Brot fertig ist, drängen sich
alle mit ihren Scheinen vor die Fensteröffnung. Viele sehe ich danach mit ein oder zwei Tüten gefüllt mit Brot. Auch wir nehmen Proviant mit.

Dann fahren wir zur Anlegestelle der Fähre. Hier warten wir, bis die Fähre von der anderen Seite herüberkommt. Nachdem die Fähre entladen ist, dürfen wir drauf – ein tolles Spektakel!
Ein paar wenige Autos, Fußgänger und etliche Esel werden eingeladen. Die Esel sind störrisch, die Fähre behagt ihnen anscheinend gar nicht. Es dauert eine Weile, bis ihre
Besitzer die Tiere „ an Bord“ gebracht haben. In letzter Minute springt noch ein Mann auf.

Ich beobachte alles vom „Oberdeck“ aus. Dies besteht aus zusammengenagelten Brettern und ist über eine Metallleiter zu erreichen. Es macht Spaß, von dort oben zuzuschauen! Dann
legen wir ab und gleiten sanft über das Wasser. Es fühlt sich toll und irgendwie erhaben an, mitten auf dem Nil zu sein. Auf einem der bedeutendsten Flüsse der Erde. Zwischendurch dürfen Brita und ich auch mal ans Ruder, hihi, das ist witzig!

Sudan ReiseberichtAuf der anderen Seite fahren wir zu einem fantastischen Aussichtspunkt oberhalb des Nils mit Blick auf den 3. Katarakt. Die Nilkatarakte sind natürliche Granitbarrieren im Fluss. Mit
Ausnahme des ersten Katarakts beim Assuan-Staudamm befinden sich alle auf nubischer Seite bzw. sudanesischem Staatsgebiet. Für die Schifffahrt stellen die Katarakte nahezu unüberwindbare Hindernisse dar.

Ich habe wohl auch aus diesem Grund während meiner Reise in den Sudan keine kommerzielle Schifffahrt auf dem Nil gesehen. Heutzutage wird das Meiste wohl auf den Asphaltstraßen mit LKW‘s transportiert. Der Ausblick auf den Nil mit den grün bewachsenen Felsen und kleinen Sandbänken ist einfach wunderschön! Ich beobachte ein kleines Fischerboot mit zwei Männern, die vom Ufer bis ungefähr zur Hälfte nahe der Granitfelsen rudern. Wow, das sieht beeindruckend aus, wie sich dieses winzige Boot im großen Fluss vorwärts bewegt!

In der Nähe unseres Aussichtspunkts befinden sich unwahrscheinlich viele Felsmalereien. Sie sind entstanden in einer Zeit, als es in dieser Gegend noch fruchtbare Savanne gab mit entsprechendem Tierreichtum. Wir erkennen z.B. Giraffen und einen Vogel Strauß. Auch viele Kühe und Antilopen mit enormen Hörnern sind zu sehen. An einer weiteren Felswand sehen wir altägyptische Boote. Die Felsmalereien sind zwischen 6.000 und 10.000 Jahre alt
und haben sich hier in der Wüste gut erhalten. Sehr faszinierend!
Foto: Zweier-Arrangement Aussicht auf den Nil mit Katarakt

Von der lokalen Reiseagentur werden wir heute überraschenderweise in ein vorinstalliertes Zeltcamp eingeladen. Eine Dusche in Aussicht fühlt sich an wie purer Luxus! Nur für uns drei hat der Camp Manager mit seinem Assistenten die Anlage geöffnet, wow! Unsere großzügigen Zelte sind mit richtigen Bettgestellen ausgestattet, vor jedem Zelt steht auf
Stelzen eine Waschschüssel. Außerdem gibt es Toiletten in drei kleinen Einzelzelten für uns. So was habe ich noch nie gesehen! Auf einem Metallgestell ist eine Klobrille befestigt über
einem Loch im Sand, davor liegt eine große Schaufel. Ich finde das witzig! Das Zeltcamp ist wunderschön gelegen in einer Sand-/ Felslandschaft! Ich genieße erneut die Stille der Wüste
und den fantastischen Sonnenuntergang.

Reisen in den Sudan
Die Autorin dieses Blogs war Mitreisende der Gruppenreise „Umfassende Geländewagenexpedition Nubien“

Außerdem bieten wir noch eine weitere, etwas kürzere Gruppenreise zu den Highlights des Landes an: Geländewagenexpedition zu den archäologischen Highlights sowie eine Individuelle Reise Kush an.

Haben Sie Interesse an einer unserer Reisen in den Sudan? Sie erreichen uns unter 0221 6696250 oder info@nomad-reisen.de.

Reise in den Sudan – Tag 9: Auf den Spuren der Schwarzen Pharaonen

Heute tauchen wir wieder tief ein in die Geschichte des antiken Nubiens. Es gilt inzwischen als erwiesen, dass sich schon ab ca. 3.000 v.Chr. unabhängig von Ägypten eine eigenständige Hochkultur in Nubien entwickelt hat mit der sog. „A-Gruppe“. Die Geschichte Ägyptens und Nubiens ist über die Jahrtausende jedoch teilweise eng miteinander verwoben und gegenseitige Einflüsse beider Reiche vielfach zu finden. Wir beginnen heute morgen mit einer unvollendeten Statue des nubischen Pharaos Taharqa.

Diese liegt in der Nähe des Ortes Tumbus der Länge nach im Sand, als ob sie dort jemand vergessen hätte. Taharqa war einer der bedeutendsten Könige, der ab 690 v.Chr. regierte. Er zählt zu den sog. „schwarzen Pharaonen“, den Pharaonen der 25. Dynastie, die von Nubien aus auch gesamt Ägypten regierte. Diese Phase des unter nubischer Herrschaft vereinten Königreichs dauerte ca. 100 Jahre. In der Nähe ist ein großer Granitblock mit unwahrscheinlich vielen und gut erhaltenen Hieroglyphen. Die Inschriften stammen aus der Zeit des ägyptischen Pharaos Tutmosis I. aus dem 15. Jahrhundert v.Chr. Tutmosis I. drang damals weit bis in den heutigen Sudan vor und begründete die ca. 500 Jahre andauernde
Kolonialzeit der Ägypter in Nubien.

Nach dieser “Geschichtsstunde” fahren wir in den Ort Kerma mit vielen Verkaufsständen entlang der Hauptstraße. Unsere Crew frühstückt hier – 10 Uhr ist allgemeine Frühstückszeit,
wie wir lernen. Wir drei Frauen spazieren entlang der Hauptstraße und treffen dabei auf einen Bettenmacher. Fasziniert schaue ich zu, wie er mit seinen Händen zwischen den Bettpfosten flink die Schnüre spannt, auf die dann später die Matratze gelegt wird. Hier gibt es immer wieder Neues zu entdecken!

Sudan Reisebericht

Kerma hat einen klangvollen Namen, da ganz in der Nähe das Zentrum der sog. Kerma-Kultur lag, die um 2.500 v.Chr. entstand. Rund 1.000 Jahre hatte diese Kultur Bestand, bis sie von Ägypten eingenommen und die antike Stadt Kerma vollständig zerstört wurde.

Bedeutendstes Zeugnis aus dieser Zeit ist eine riesige Lehmziegelruine, die sog. „deffufa“. Das schauen wir uns näher an. Es ist bis heute nicht ganz klar, was der Zweck dieses großen Baus
war, ein religiöses Zentrum/ein Tempel? Um die deffufa herum befindet sich ein riesiger antiker Friedhof mit Tausenden von Gräbern. Vom „Dach“ der Ruine können wir das Ausmaß der Anlage überblicken, hier haben die Archäologen ein riesiges „Spielfeld“.
Wir dürfen das angrenzende Museum besichtigen, extra für uns wird es aufgeschlossen. Darin finden sich viele interessante Erläuterungen der nubischen Geschichte sowie zahlreiche Fundstücke, z.B. Tonschalen. Die herausragendsten Ausstellungsstücke des Museums sind die sieben überlebensgroßen Statuen der schwarzen Pharaonen, darunter auch Taharqa. Sie wurden erst 2003 von einem Schweizer Archäologenteam hier in der Nähe ausgegraben.

Man erkennt deutlich die schwarzafrikanischen Gesichtszüge sowie das doppelte Kobrasymbol an der Stirn als Sinnbild für die Herrschaft über Nubien und Ägypten. Eine ganze Weile bleibe ich mit einer gewissen Ehrfurcht vor den Schwarzen Pharaonen sitzen.
Tausende Jahre alte Geschichte wird irgendwie lebendig beim Anblick dieser Monumentalstatuen, ich bin fasziniert und dankbar dafür, hier zu sein!

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Reisen in den Sudan: Weitere Folgen des Aktuellen Reiseberichts 2020
Möchten Sie wissen, wie es bei Petra Hielschers Reise in den Sudan weiterging und was die Gruppe noch erlebt hat? Die erste und dritte Folge Ihres Reiseberichts von der Reise in den Sudan im Herbst 2020 finden Sie hier:

Reise in den Sudan: Aktueller Reisebericht 2020 (Teil 1): Der Start der Reise im Sudan

Reise in den Sudan: Aktueller Reisebericht 2020 (Teil 3) Von Kerma zurück nach Khartum

Haben Sie Interesse an einer unserer Reisen nach Sudan? Sie erreichen uns unter 0221 6696250 oder info@nomad-reisen.de.

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